Soulmate - the story


Hier werde ich immer updaten, damit ihr die ganze Geschichte auf einmal habt :). Ist etwas weniger chaotisch und man ist auch schneller beim Lesen ;)





In the train..


Mina lehnte sich zurück und legte den Kopf gegen die Scheibe. Auf der anderen Seite jagte die Landschaft aus Bäume dahin. Durch den Regen leuchteten die Blätter, von denen die meisten grün waren. Durch das näher kommende Ende des Sommers färbten sich einige schon rötlich. All das liess Mina unbeachtet an sich vorbeifliegen. Sie war müde und froh, sich endlich auf dem Heimweg zu befinden. Ihre Gedanken schweiften ab, weit weg. Kurz vor dem Eindösen hörte sie eine Stimme.

Was?“, murmelte sie und öffnete ihre Augen.

Ist hier noch ein Platz frei?“

Ah, ja, klar!“ Mina nahm ihre Tasche vom Sitz gegenüber weg.

Danke.“ Der Junge lächelte, setzte sich und nahm ein Buch hervor. Mina, die sowieso nicht mehr schlafen können würde, versuchte, den Titel zu entziffern. Es war 'Afterdark' von Haruki Murakami.

Magst du es?“, fragte sie ihn.

Hm? Ja. Ich liebe seine Bücher. Sie sind irgendwie realistisch unrealistisch, wenn du verstehst, was ich meine.“

Ja, ich glaube, ich verstehe. Das Nichts in seinen Geschichten. Die Realität, die in irrealen Welten verpackt wird.“

Genau.“ Der Junge lächelte und wandte sich wieder seinem Buch zu. Mina sah, dass er schon ziemlich am Ende angekommen war. Sie hoffte, er wäre schnell fertig und würde mit ihr sprechen. Nicht, dass sie sich in ihn verliebt hätte, nein, er interessierte sie. Und ihr Gefühl sagte ihr, dass sie ihn kannte. Von irgendwo her. Als Mina bemerkte, dass er auf der letzten Seite angekommen war, versuchte sie seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Dabei fielen ihr seine Augen auf. Sie huschten hin und her, konzentriert, aber nicht, als würde er das Buch lesen. Mit der Seite war er schon längst fertig.

Was liest du da?“

Na das Buch.“

Du bist doch schon längst fertig damit.“

Ich lese zwischen den Zeilen.“

Zwischen den Zeilen? Das Buch hat schon genug Bedeutung sonst.“

Schon nur, um in einem Buch mehr als nur die Geschichte zu lesen, liest man zwischen den Zeilen. Das ist es, was dieses Buch so speziell macht.“

Mhm.“ Mina nickte, nach den Worten dieses Jungen fassend. Sie senkte ihren Blick und sah nicht, dass der Junge sie ebenso interessiert musterte wie sie ihn vorher.

Plötzlich klappte er das Buch zu.

Hey, nenn mir mal deinen Namen.“

Wieso?“

Weil ich glaub, ich kenn dich von irgendwoher.“

Okay, aber dann sag mir erst, wie du heisst. Zu wenig Vertrauen.“

Du bist echt interessant. Zu wenig Vertrauen.“ Ganz ernst sagte er das, ohne sich über Mina lustig zu machen.

Also, ich bin Dario.“ Er lächelte sie an. “Und du?“

Mina.“

Hi pretty woman.“ Dario lachte. Sofort wusste Mina, warum er ihr so bekannt vorgekommen war. Sie hatte es schon gewusst, als sie das Dario gehört hatte, aber jetzt war sie sicher. Sie lächelte.

Du bist ruhiger geworden. Hast du mich nicht erkannt?“

Dario... doch. Wie könnte ich dich vergessen.“ (Nachdem ich in dich verliebt gewesen war. Jetzt bin ich es nicht mehr. Aber du bist immer noch mein Bruder. Oder so etwas. Nur vom Gefühl her.) “Du hast dich doch auch verändert.“

Studierst du jetzt? Hast du deinen Traum gefunden?“

Mina schwieg kurz auf diese Frage.

Gesucht, gefunden. Nein, ich studiere nicht. Aber ich reise ab nächsten Donnerstag. Was machst du?“

Gratuliere. Ich studiere jetzt Psychologie. Das nächste Semester werde ich voraussichtlich im Ausland verbringen. Ich reise am Dienstag.“

Mina hätte zu gern gewusst, wo er studieren würde, aber sie traute sich nicht, zu fragen. Erst nach einer Weile des Gesprächs, das hauptsächlich Dario führte, wagte sie es.

Wo wirst du eigentlich studieren?“

In Korea.“

Korea?

Wow!“

Mhm. Aber das hat nichts mit dem Land und so zu tun. Ich spreche kaum Koreanisch, der Vorbereitungskurs ist nicht so besonders. Das Studium ist auf Englisch.“

Achsoo. Man kann ja nicht alles können. Wie bist du denn darauf gekommen?“

Ich musste mich entscheiden.. weil ich zu spät dran war, entweder Schweiz oder Korea.“ Dario lachte. “Da sag ich lieber Ausland.“

Hätt ich auch so gemacht.“ Mina grinste. Gerne hätte sie Dario erzählt, wohin es sie zog. Wenn er es wissen wollte, musste er schon fragen. Was er nicht tat. Dafür lachten und redeten beide viel, nachdem Mina endlich etwas aufgetaut war. Am Ende der Zugfahrt meinte Mina scherzhaft: “Wir sollten öfters zusammen Zug fahren, das macht echt Spass.“

Dario schaute sie kurz an und stieg aus. Draussen wartete er auf sie.

Du bist echt cool. Du fliegst doch auch nach Korea?“

Jaa“ Mina lächelte. Sie wollte erwachsen sein. Ganz plötzlich. “Vielleicht laufen wir uns dort mal über den Weg.“

Nicht nur vielleicht, hoffe ich. Wir können uns ja mal treffen. Ich kenne dort noch nicht besonders viele. Die meisten wollten in Amerika studieren.“

Gute Idee.“ Mina versuchte, ehrlich zu lächeln, etwas, das sie viel zu selten getan hatte in letzter Zeit. Ehrlich zu lächeln, genau so, wie sie die Worte meinte.

Bist du zu Fuss?“

Mina nickte.

Also dann, ich bring dich.“

Danke!“ Mina lächelte immer noch. Langsam schmerzten ihre Mundwinkel, trotzdem konnte sie nicht aufhören. Dario nahm ihre Hand und führte sie zu seinem schrottkistenähnlichen Auto mit Charakter. Mina wusste, wie sie das Zeichen verstehen wollte und stieg lächelnd ein.



CHAPTER 2.. Mina

flying to..

Donnerstag, Flughafen. Mein Gepäck: Möglichst wenig, ich wollte schliesslich ausgiebig shoppen gehen in diesem fremden Land. Der Abschied von meinen Freunden, meiner Familie und auch “meinem“ Land war mir schon etwas schwer gefallen. Aber ehrlich: Ich freute mich auf die Zukunft, neue Freunde, eine vollkommen neue Welt. Ich war zu früh am Flughafen gewesen und musste noch eine halbe Stunde warten, bevor ich mein Gepäck endlich einchecken konnte. Die Zeit nutzte ich, um mir das Gebäude etwas genauer anzuschauen. Es war ziemlich modern, zum Teil sah die Einrichtung fast etwas futuristisch aus (aus meiner Sicht) und es hatte recht viele Leute. Ich suchte nach Läden, in denen ich Souvenirs (also Geschenke) kaufen konnte und gelangte zu einem sehr typischen Exemplar. Ich trat hinein und sofort wehte mir der Duft von frischer Schokolade entgegen. Ich liebte Schokolade, also kaufte ich gleich 5 Tafeln davon. Zwei für mich als Vorräte (man wusste ja nie, wie es mit der Schokolandenversorgung in fremden Ländern aussah) und drei als Mitbringsel. Ich hatte noch viele andere Dinge eingepackt, deswegen reichte das. Ausserdem kaufte ich für meine zukünftigen WG-Mitbewohnerinnen eine grosse Schachtel Pralinen.

Voller Vorfreude und mit ein bisschen Angst, da ich nicht besonders gerne flog, brachte ich mein Gepäck zum Check-In und begab mich auf den richtigen Gate.

Es war eine riesige Maschine. Das Weiss wirkte nicht mehr ganz so hell, wie es möglicherweise mal gewesen war. Die Fenster sahen winzig aus. Während ich mit der Menge wartete, wurde ich immer nervöser. Als ich endlich im Flugzeug war, wurde es etwas besser. Die Sitze sahen bequem aus und entgegen meinen Vorstellungen war auch genügend Platz vorhanden. Ich hatte einen Platz am Fenster, eher vorne in der Maschine. Ich nahm die Dinge, von denen ich dachte, ich könnte sie brauchen, aus meiner Handtasche und verstaute sie dann mit dem Rest im Fach über den Sitzen. Mit dem Buch, dem Heft und dem Bleistift in der Hand setzte ich mich. Den Abflug wollte ich jedoch nicht verpassen, weswegen ich die Sachen auf das Tischchen am Sitz vor mir legte. Andere Menschen wuselten noch im Flugzeug herum auf der Suche nach ihrem Platz, so konnte ich es geniessen, dass ich meinen schon gefunden hatte. Ich schloss die Augen einen Moment und wartete. Hektische und freudige Gesprächsfetzen wehten zu mir rüber, in Deutsch, Englisch, Französisch, Koreanisch, Chinesisch... sogar ein paar russische Worte schnappte ich auf.

Hi!“

Das kam mir irgendwie bekannt vor. Ich öffnete die Augen und blickte ins Gesicht eines jungen Asiaten, wahrscheinlich etwa so alt wie ich.

Oh hi. Is this your seat here?“ Sass ich etwa am falschen Ort?

Der Junge blickte nochmals auf sein Ticket und schüttelte den Kopf.

No, it's this one.“ Und er liess sich auf den Platz neben mir plumpsen.

Eigentlich hatte ich schon Glück. Andere mussten immer neben irgendwelchen alten Säcken oder nörgelnden Kleinkindern mit genervten Müttern sitzen. Und ich neben gut aussehenden, jungen Typen. Ich lachte.

What's wrong?“

I just thought about how lucky I am.“ Ich erklärte es ihm auf Englisch. Er lachte auch.

By the way, I'm Ryan.“

I'm Mina. Nice to meet you.“

Das schien ein spannender Flug zu werden. Die Stewardess begann gerade, Instruktionen zu Notfällen zu geben. Ich versuchte zuzuhören, fand es aber komischerweise nicht besonders interessant. Lieber starrte ich zum Fenster raus. Endlich rollte das Flugzeug los. Immer schneller und schneller. Und schneller. Schliesslich gab es einen Ruck und wir hoben ab. Der Flughafen. Ein “Whoaaa!“ entfuhr mir.

You don't fly often, do you?“

Not really, you're right. But you seem very familiar with it.“

Yes, I often fly. I live in Korea and the USA“

Oh cool! Where in Korea do you live?“ Ich gab mir eine innerliche Ohrfeige, nachdem ich diesen Satz ausgesprochen hatte. Warum musste ich nur so neugierig sein? Doch Ryan lachte.

I'm from Seoul. Are you Swiss?“

Ah, yes.“

So führten wir unser Gespräch noch eine recht lange Zeit weiter. Ich merkte gar nicht mehr, dass ich in einem Flugzeug sass, dass irgendwo über den Wolken ungesichert dahinschwebte. Oder eben flog. Über Ryan erfuhr ich vieles und er ebenso viel über mich.

Er war ein Modedesignstudent aus Korea. Als er 10 war, waren seine Eltern nach Amerika gezogen. Er studierte jetzt in Korea und war in den Semesterferien bei seinen Eltern und Freunden in New York zu Besuch gewesen. Eine Woche Ferien hatte er jetzt noch, die er in Korea verbringen wollte, um doch noch etwas zur Ruhe zu kommen.

Von mir erfuhr er, dass ich nicht studierte, sondern erst mal ein Jahr in Korea arbeiten würde. Und das, obwohl ich auch hätte studieren können.

Kinda brave. But I bet you have many talents, so the study topic is hard to decide for you.“

You think so? I don't really. But I think I'm just indetermined. That's all.“

Nach einer Weile ebbte das Gespräch etwas ab, ich öffnete mein Buch und begann, darin zu lesen. Es war 'Seelen' von Stephenie Meyer. Es war eines meiner Lieblingsbücher, neben 'Afterdark' von Haruki Murakami und noch ein paar anderen. Auch diese Geschichte war ziemlich speziell. Während des Lesens merkte ich, wie mir Ryan neugierig über die Schulter blickte. Ich wandte mich ihm zu.

You don't really understand this, do you?“

A little bit. I've learned it for one year when I was in New York. But it's so difficult!“

Yes you're right. By the way, you study fashion design, right? I bet you draw very well! Can you draw something for me, please?“ Ich händigte ihm mein Notitzbuch und den Bleistift aus, um ja kein Widerwort zu dulden. Ich glaube, es war ihm ein bisschen peinlich, er murmelte noch irgendetwas unverständliches, schwieg dann aber und begann zu kritzeln. Und ich hatte wieder etwas Ruhe und konnte weiter mitkämpfen mit den beiden Frauen, die sich einen Körper teilen mussten.

Nach etwa einer Viertelstunde (vielleicht auch einer Halbstunde, mein Zeitgefühl war nie besonders gut) drehte sich der braunhaarige Mann wieder zu mir.

Here.“ Er hielt mir eine Zeichnung entgegen, worauf ein lesendes Mädchen zu sehen war.

Did you draw me?“ Er nickte. “Oh, thank you soo much!!“ Ich hätte ihn fast umarmt, hielt mich jedoch im letzten Moment zurück. Es war wunderschön gezeichnet, sehr lebensnah aber doch mit einem eigenen Stil.

You'll become as famous as Karl Lagerfeld, I'm sure!“

I don't think so, but thanks.“ Er wirkte wie.. niedergeschlagen, oder enttäuscht, irgend so etwas, ich konnte es nicht wirklich deuten. Um die Stimmung wieder aufzulockern, fragte ich etwas, das mich schon die ganze Zeit beschäftigt hatte: “I wanted to ask you, whats your real name? I mean, Ryan doesn't sound like Korean.“

It's not Korean, you're right, but it's my real name.“ Und er suchte Augenkontakt. Mit seinen schokoladebraunen, wunderschönen Augen sah er mich direkt und ehrlich an.

Ah.. okay.“ Wenn das ein Chat gewesen wäre, hätte ich in dem Moment ^^ geschrieben, nur um meine Verlegenheit etwas zu überspielen. Gücklicherweise kam in dem Moment die Stewardess, um uns zu fragen, was wir essen wollten. Wir bestellten beide etwas, denn wir waren echt hungrig. Das Menü, das uns dann gebracht wurde, war allerdings nicht sehr speziell. Vor allem nicht speziell gut, aber seis drum. Während dem Essen versuchte ich mal, Ryan genau zu mustern. Immer, wenn ich Leute sah, die mich interessierten (oder mir schlicht und einfach langweilig war), erstellte ich Personenbeschreibungen. Natürlich blieben diese meist einfach in meinem Kopf, aber manchmal konnte ich auch Leute beeindrucken mit meiner “Beobachtungsgabe“.

Ryan war ein Typ in Durchschnittsgrösse, etwa 177 cm, nahm ich an. Seine Haare waren schokoladenbraun, genau wie seine Augen. Und es war keine Milchschokolade, sondern schwarze, die Geniesserschokolade. Er hatte eine typische Asiatennase, ziemlich klein, dafür breit. Untypisch waren eher sein Kopf und sein Gesicht, beides eher klein, was ihn ein bisschen wie ein Model aussehen liess. Wenn er grinste, hatte er kleine Grübchen in den Wangen. Alles in allem gesehen, war er eigentlich der Typ, in den ich mich sofort hätte verlieben können. Aber ich tat es nicht. Ich vermutete sowieso, dass er eine Freundin hatte, mein Mut war aber zu klein, um mich dessen zu vergewissern. Nach dem Essen war erst mal Gesprächsruhe, wir beide widmeten uns anderen Dingen.

Nach einiger Zeit schlief Ryan ein und wie zufällig rutschte sein Kopf dabei auf meine Schulter. Ich konnte einfach nicht anders. Ich musste seine Haare berühren. Von so nahem sah ich, dass er sehr viel Wert auf Haarpflege legte, sie waren frisch gewaschen, glänzten und sahen sehr gesund aus. Nebenbei rochen sie köstlich... Ich legte meine Hand sanft auf seinen Kopf und strich ihm durch die Haare. In dem Moment, als ich meine Hand wieder wegnahmen wollte, öffnete er die Augen und schaute mich an. Langsam bewegte er seinen Kopf auf meinen zu, bis er sorgfältig seine Lippen auf meine legte. Ich gab dem Kuss nach und öffnete meine Lippen leicht.



Und ich wachte auf. Ryan sass immer noch neben mir und er zeichnete. Ich seufzte. Wieso träumte ich eigentlich immer solches Zeug? Schon mit Dario war es so gewesen. Apropos Dario, der war jetzt doch schon in Korea. Hatten wir nicht noch was ausgemacht? An dieser Stelle wurden meine Gedanken unterbrochen, Ryan warf mir einen Blick zu.

Oh, you're awake.“

How long did I sleep?“ Nichtsanmerkenlassen,nichtsanmerkenlassen,nichts...

About twenty minutes. Did you dream something nice? You were smiling.“

Eeehm.. ja, so konnte man das etwa sagen. Ich brannte ja geradezu darauf, ihm diesen Traum zu beichten und mich peinlich zu machen. Belügen wollte ich ihn aber nicht.

Hmm.. yes, I think so.“

Ryan kritzelte und kritzelte. Auch ich bekam Lust, etwas zu zeichnen und nahm meine Sachen. Es gab so eine Szene, die mir im Kopf herumspukte, die ich gerne gezeichnet hätte. Aus Rücksicht auf meinen Sitznachbarn (oder einfach, um eben mich vor einer Peinlichkeit zu bewahren), zeichnete ich etwas anderes.

Ryan?“

Hm?“

Can I see what you're drawing?“

No.“

Pleaasee!“

No. You'll see it soon enough.

Schmoll.“

What?“

Schmoll. I'm pouting.“

Wir lachten. Eine Viertelstunde vor der Landung tauschten wir E-Mail, Handynummern und was es noch so zu tauschen gab, aus und verabredeten uns für Freitag 15.00 Uhr irgendwo beim Han-river. Ich nahm mir vor, auf Google-Maps nachzuschauen, wo genau diese Brücke war. Wir waren froh, das noch vor der Landung abgemacht zu haben, denn kaum ausgestiegen, verloren wir uns schon aus den Augen. Beide in der Menge untergetaucht.

CHAPTER 3.. Dario

to a new..

Dienstag, Flughafen Seoul. Dario war gerade angekommen. Er hatte ziemlich viel Gepäck dabei, aber er sollte ja auch das ganze nächste Semester hier wohnen. Sein Heim würde ein Studentenwohnheim sein, wo er eine Wohnung mit zwei anderen Studenten haben würde, von denen einer Koreaner war und der andere irgendein Austauschstudent, wie auch Dario. Glücklicherweise hatte es beim Gepäckband keine Schwierigkeiten gegeben, dann mussten die Jungs, die versprochen hatten, ihn am Flughafen abzuholen, nicht lange auf ihn warten. Abgesehen davon, dass das Flugzeug eine halbe Stunde zu spät abgeflogen war.

Wegen seinen zukünftigen Mitbewohnern machte sich Dario keine Sorgen, er kam eigentlich mit allen Menschen gut aus. Er hatte ein spannendes Leben, viel interessantes und lustiges zu erzählen und diese Tatsachen waren ihm bestens bekannt. Nun musste er nur noch seine Mitbewohner finden, die per E-Mail ihre Anwesenheit zwar zugesagt, das Foto dabei aber vergessen hatten. Irgendwie wurde seine Aufmerksamkeit dann von einem grossen Schild absorbiert, auf dem gross und bunt “DARIO“ stand. Damit war wohl er gemeint? Auf demselben Schild stand “Willkommen“ in koreanischer Schrift. Hangul, genau. Nur war das ein ganz kleines bisschen übertrieben, doch warum sollte das Dario stören?

Hi! I'm Dario!“

I'm Taeyoung. Nice to meet you. The other guy there is Lenny. He's from Australia and a little bit strange.“

Nice to meet you, too!“

So, can we go to your new home?. Lenny! Let's go!“

Die Jungs schienen doch in Ordnung zu sein, Taeyoung zwar sehr offen und ein bisschen schwul und Lenny sehr verschlossen und schüchtern, aber in Ordnung. Taeyoung war sehr gesprächig, wie auch Dario, daher verstanden sie sich von Anfang an gut und schwatzten während der ganzen Fahrt zur WG. Dario war erstaunt, wie gut Taeyoungs Englisch war, es gab keine Gesprächspausen. Lenny beteiligte sich zwar nicht an der Unterhaltung, doch Dario hatte das Gefühl, dass er gut zuhörte und sie genau beobachtete. Er wirkte sehr intelligent, war aber nicht besonders gutaussehend. Dafür war er extrem gross. Dario schätzte ihn auf ungefähr 2 Meter 10. Eigentlich waren Lenny und Taeyoung das exakte Gegenteil voneinander, nicht nur was den Charakter betraf. Dario selbst war schon nicht der grösste, bei Taeyoung konnte er noch einen halben Kopf nach unten schauen. Nach einer Stunde und zahlreichem Umsteigen kamen die drei Jungs in ihrem Viertel an. Die letzten fünfzehn Minuten, die sie noch gehen mussten bis zum Wohnheim war Lenny so nett, Darios Gepäck zu tragen. Zumindest den grössten Teil davon. Taeyoung hatte auch seine Hilfe angeboten, aber er wirkte so klein und irgendwie unbelastbar, dass Dario ihm nur der Rucksack gegeben hatte.

Das kleine Appartement war ziemlich genau so eingerichtet, wie Dario es sich vorgestellt hatte. Oder, besser gesagt, wie auf den Bildern die Taeyoung ihm geschickt hatte. Es gefiel ihm. Die Wände waren fast alle weiss, die übrigen waren farbig, alle in anderen Farben, was dem ganzen eine schöne Atmosphäre gab. Die Möbel waren schlicht und modern.

So lässts sich leben!“

Dario begann damit, seine Koffer auszuräumen. Sein Zimmer war wirklich klein, dafür hatte es einen breiten Wandschrank. Auch ein Bett war schon vorhanden, wie abgesprochen. Nur für einen Tisch musste Dario noch schauen. Er nahm sich vor, noch in dieser Woche einen kaufen zu gehen.

Taeyoung? Do you know where to buy furniture around here?“



Taeyoung blickte ihn erstaunt an.



Why? What do you need then?“



Well, there's no desk..“



Ah, you know, there is one, but we moved it into the living room. We can move it over to your room now, if you want to.“



That would be nice, thanks.“

Den Rest des Abends verbrachten die drei in der Wohnung, wobei Taeyoung Dario versprach, ihm am nächsten Tag die Stadt zu zeigen. Oder wenigstens einen Teil davon. Sogar Lenny taute ein bisschen auf und erzählte,wie er darauf gekommen war, in Korea zu studieren. Und es war ein Grund, den Dario ganz und gar nicht erwartet hatte. Offenbar hatte er Lenny vollkommen falsch eingeschätzt.





whoever tells..

Nach Korea gekommen bin ich wegen einer Frau. Ich habe sie in Australien getroffen, sie war dort in den Ferien und ist mir recht schnell aufgefallen. Sie war sehr professionell geschminkt und frisiert und bestellte eine Pizza Margherita in dem Shop, in dem ich damals gearbeitet habe. Ihr Englisch war auch ziemlich gut und als sie mich nach meiner Nummer gefragt hat, habe ich sie ihr sofort gegeben. Schon für den nächsten Tag haben wir ein Date ausgemacht, bei dem wir ziemlich viel geredet haben. Ich erfuhr, dass sie in eine Internationale Schule in Korea gegangen war und momentan als Tänzerin arbeitete. Sie hatte zwei Wochen Ferien und erzählte mir, dass das eigentlich schon ziemlich viel war und sie dann wirklich zurück müsse. Wir haben uns fast jeden Tag getroffen und haben uns ineinander verliebt. Sie hat mich gefragt, ob ich sie besuchen könne, aber ich habe ihr gesagt, dass ich studieren müsse. Ich habe sie enttäuscht. Sie verstand nicht, warum ich mein Geld lieber sparen wollte für mein Studium, als es für Ferien auszugeben. Meine Familie ist nun mal nicht besonders wohlhabend und ich habe zwei jüngere Schwestern, die vielleicht auch gerne mal studieren möchten. Jedenfalls habe ich dann das mit dem Austauschsemester in Korea gesehen und mich dafür beworben. Ich wusste schon, dass Ria möglicherweise schon einen neuen Freund haben könnte, unser Kontakt war so ziemlich eingeschlafen zu dieser Zeit. In einer ziemlich langen E-Mail habe ich ihr meine Situation erklärt und sie auch offen gefragt, ob sie einen neuen Freund hätte. Sie antwortete mit nein und schrieb, sie würde sich freuen, also habe ich mein Bestes gegeben, Koreanisch gelernt und mich beworben. Und sie haben mich genommen. Eigentlich ist das ganze ziemlich langweilig, wir sind immer noch ein Paar. Wobei ich trotzdem vermute, dass sie einen Freund hatte, als sie meine E-Mail beantwortete, und den dann einfach abgeschossen. Metaphorisch gesprochen.“





Nächster Tag
whatever..

Taeyoung gab sich echt Mühe, mir das Quartier zu zeigen, in dem sich das Wohnheim und die Universität befanden. Die Uni hiess “Yonsei“ und der Stadtteil wurde “Shinchon“ genannt. Im Internet hatte ich gelesen, dass er berühmt für die super Shoppingmöglichkeiten und das ausgiebige Nachtleben war. Genau so war es auch, was Taeyoung offensichtlich grossartig fand. Er führte mich, nachdem er sich versichert hatte, dass ich Fisch mochte, zu einem kleinen Sushirestaurant, in dem wir Sushi zum Mitnehmen bestellten.

Don't eat too much, in this area are lots of restaurants.“, sagte er mir nur und vergewisserte sich, dass ich nur eine kleine Portion nahm. Es war unglaublich. Ich war in der Schweiz aufgewachsen, ein Land, in dem die grösste Stadt etwa 386 000 Einwohner hatte und jetzt befand ich mich in einer Stadt, die mehr Einwohner als mein Heimatland hatte. Irgendwie verrückt. Überall gingen Menschen, überall gab es etwas zu sehen, etwas zu essen, etwas zu hören. Wenn man keine Menschenmengen mochte, war das definitiv nicht der richtige Ort. Doch mir machten sie nichts aus. Ich liebte es, in einer Masse untertauchen zu können, Leute sprechen zu hören (auch wenn ich sie nicht verstand) und sie einfach zu sehen. Vor allem aber liebte ich das Vergnügen.

Dieses kam nicht zu kurz. Taeyoung schien zu sein wie ich und ich hatte das Gefühl, dass er auch bei den Mädchen ziemlich beliebt war. Recht viele drehten sich zu ihm um und es wirkte nicht so, als würden sie sich über ihn lustig machen. Obwohl, vielleicht doch. Sein Gesicht sah ziemlich okay aus, soweit ich das beurteilen konnte, nur war er eben klein wie ein Mädchen. Möglicherweise starrten die jungen Frauen auch mich an, schliesslich waren Europäer in Korea nicht allzu häufig. Jedenfalls gefiel es mir, wie sie uns nachblickten.

Am Mittag assen wir Jjajangmyun, ein Nudelgericht mit Gemüse, Fleisch und recht scharfer Sojabohnenpaste. Ich hatte noch etwas Probleme, ich war es nicht gewohnt, mit so Metallstäbchen zu essen, aber es schmeckte köstlich. Ich hoffte mal, alles koreanische Essen würde so schmecken.

Wooah, das schmeckt super! Is all Korean food delicius like that?

Well, it depends on the one who cooks it.“

Ja, das konnte stimmen. Irgendwie ist das doch immer so, oder? Nach dem Mittagessen führte mich Taeyoung weiter der Strasse entlang.

Do you like shopping?“

Yeah, I think, I'm that kind of guy.“

In that case, I guess you like it here.“

Yeah, I love the athmosphere, the shops, the people and all that stuff! Did you grow up here?“

No, I grew up in a smaller city in the south. That's why I have a little accent when I speak Korean.“

Ah, I didn't recognize that yet. My Korean is very bad.“

Taeyoung lachte. “I think it's hard for you to learn such a language, so if you and speak English it'll be enough for the studies. And Korean is very different from your language.“

Woher wollte der eigentlich das wissen? Ach so, stimmte ja, koreanisch für mich war wie englisch für einen Koreaner. Aber irgendwie weckten diese Worte meinen Ehrgeiz. Normalerweise reagierte ich nicht so, aber diese Worte wurden so gesagt, als ob ich einfach zu faul wäre, eine Sprache zu lernen. Das konnte ich nicht gelten lassen. Ich beschloss, mir Mühe beim Lernen zu geben.

Mmh, it's different, you're right. By the way, are we going out tonight? I'd like to see the Korean nightlife. And maybe Lenny will join us?“

You can ask him. If you want to, I'll show you my favorite club, okay?“

Sounds great!“

Ich hoffte einfach mal, dass er eine Art Musik mochte, die auch mir gefiel, aber ich bezweifelte, dass dies ein Problem werden könnte.





Date“ Mina + Ryan

Ich ging zum Han-River, 15 Minuten zu früh war ich dort. Doch Mina dachte wohl nicht daran, mich warten zu lassen, nach etwa 4 Minuten tauchte sie schon auf.

Hi Ryan, hast du lange gewartet?“

Überrascht davon, dass sie koreanisch sprach, antwortete ich in derselben Sprache.

Nein, wir waren beide zu früh. Hast du es schnell gefunden?“

Ja, ich hab auf Google-maps nachgeschaut. But I didn't think I'd find it that fast. Also, wo gehen wir jetzt hin?“

Ich hatte nicht daran gedacht, dass sie koreanisch konnte, unsere Flugzeugkonversation war ganz auf englisch gewesen.

Ah, do you want me to speak English or Korean? I don't know, how much you understand yet.“

Englisch ist gut. Und bitte korrigiere mich. Ich mache noch viele Fehler.“

Süss war sie, wie sie mich da anlächelte, so ehrlich und frisch. Von der Aussprache und dem Auftreten wirkte sie schon fast wie eine Koreanerin. Nur mit der Sprache selbst haperte es noch etwas, offensichtlich.

Werd ich machen. Also, gehen wir!“

Wohin?“

Wirst du sehen.“

Sie ging neben mir her und beobachtete die Umgebung. Diese Stadt war wirklich neu für sie. Als ich sie so ansah, wandte sie sich auch mir zu. Ihr strahlendes Lächeln brachte mich zum Grinsen. Tatsächlich, sie war verdammt süss. Vielleicht war es auch einfach das Wetter, das uns so beschwingt machte. Die Sonne strahlte, als hätte sie nie etwas anderes gemacht und auch nicht vor, diese Tätigkeit aufzugeben. Das Wasser des Han wirkte auch viel schöner als sonst. Tiefblau, mit leichtem Grünstich. Trotz der Luftverschmutzung, den Hochhäusern, den Autos und allem war die Szenerie wunderbar.

Mina und ich gingen erst mal typisch koreanisch essen, nicht allzu viel, schliesslich war dafür nicht die rechte Zeit. Ich wollte ihr vor allem ein bisschen eine angenehme Einführung in das Land geben, in das sie gereist war. Vorbereitet war sie wohl gut, doch wie man in einer fast neuen Welt aufgenommen wird, ist auch wichtig, damit man sich dort wohlfindet.

Wie ich schon angenommen hatte, merkte ich auch während dem Essen: Mina wusste eine Menge über Korea. Sie hatte nur etwas, das ihr “fehlte“, sie mochte kein Kimchi. DAS koreanische Essen konnte sie nicht essen.

Are you sure about that?“

Well, I can eat it in soups or in bread, but I don't like it with rice.“

Did you already try other flavors?“

No, I shoul, finally. You know, in Switzerland there aren't many Korean restaurants.“

Ah, klar. Aber du musst unbedingt andere Sorten testen!“

Den Rest des “Mahls“ unterhielten wir uns vor allem über Musik. Schon wieder überraschte mich Mina. Sie hatte keine Lieblingsmusik, am liebsten hörte sie alles Kreuz und quer, Hip-Hop und Rock, K-pop und R&B, Klassik und Reggae. Ohne so zu wirken, als wolle sie möglichst denselben Geschmack haben wie ich, zählte sie alles auf. Es war interessant, mit ihr zu diskutieren, sie hatte wirklich ihre eigene Meinung, die sie auf keine Art versuchte, anderen aufzudrängen.



Mir fiel auf, dass sie ziemlich viel ass.

Yah, you do a lot of sports or what? How can you eat so much and be so slight?“

I could ask you the same. How are you able to remain such a great body?“, antwortete sie und streckte mir die Zunge raus.

I'm used to it, that's it“

Wir lachten.

Can I tell you something? Ich auch!“



Später gingen wir zum Karaoke. No-Reh-Bang. Es war wirklich wie ein richtiges Date, obwohl wir den Kinobesuch ausgelassen hatten. Am Ende des Tages, oder besser unserer Verabredung, waren wir viel gelaufen, hatten gesungen, gegessen und vor allem Spass gehabt. Und okay, etwas getrunken hatten wir auch.

Als ich Mina fragte, ob ich sie nach Hause bringen könne, nickte sie.

Danke for this great day and all the fun we had!“

Keine Ursache, es war echt lustig. Ich danke dir auch.“

Du bist echt süss.“

Was?! Nee, wennschon bist du hier süss!“

Da konnte doch keine Europäerin kommen und behaupten, ich sei süss! Auch ihre blauen Augen änderten da nichts dran. Und ihre langen, leicht welligen hellbraunen Haare.

Hey, hast du eigentlich einen Freund?“

Nope. I left my old life in Switzerland.“

Oh.“ Mehr konnte ich dazu nicht wirklich sagen. Es war nicht gerade das Normalste, in ein fremdes Land zu reisen ohne die Absicht, dort zu studieren. Vor allem nicht in dem Alter. Da fiel mir auf, dass ich nicht einmal wusste, wann Minas Geburtstag war.

Mina, can I ask you something?“

Sure, what is it?“

When is your birthday? And.. umm.. how old are you actually?“

I'm nineteen, born on 8th November.“

We're born in the same year! But I'm older, my birthday is the 28th May. So if you want to, you can call me oppa.“

Okay, Oppa! By the way, I live here. Thanks for accompanying me.“

Yeh, Ich rufe dich an!“

Okay. Es war echt ein toller Tag. I can't imagine a better start in this country!“

Sie verabschiedete mich mit einer Umarmung, wie sie es wahrscheinlich gewohnt war, drehte sich um und ging. Kurz vor der Haustür drehte sie sich nochmals um und winkte. Lächelnd winkte ich zurück und machte mich auf meinen Heimweg. Ich fühlte mich ziemlich glücklich und irgendwie frei, als hätte mir jemand eine Last von den Schultern gehoben. Eben mit diesem Gefühl kam ich auch zu Hause an und als mich Taeyoung, der in der Nachbars-WG wohnte, fragte, wieso ich so grinste, konnte ich nur weiter lächeln.





Afterdate

Als Mina am Freitagabend nach Hause kam, warteten schon ihre Wohnungskameradinnen auf die ausführliche Erzählung ihres Dates. Ihre Koreanischkenntnisse beschränkten das Ganze auf eine etwas weniger detailreiche Version. Die beiden Frauen, mit denen Mina zusammenwohnte, waren Tama, eine Japanerin und Yuna, Koreanerin. Schon als sie sie am Flughafen abgeholt hatten, hatte Mina gewusst, dass diese beiden ihre beiden besten Freundinnen in Korea sein würden.

Ich beneide dich!“ meinte Yuna, “Ich möcht auch gern mal wieder auf n Date.“

Sieht er eigentlich gut aus?“, wollte Tama wissen.

Mmmhm, ziemlich“ Mina grinste.

Ich will auch einen Freund!“, jammerte Tama, die eigentlich Tamamoko hiess, daraufhin.

Ich habe keinen Freund! Ryan hat mir nur die Stadt gezeigt!“

Ryan?“ Zwei verblüffte Gesichter starrten Mina mit offenen Mündern an.

DER Ryan? Der Modedesignstudent?“

Ehm, ja, woher kennt ihr ihn?“

Tama und Yuna wechselten einen Blick und Yuna begann zu erklären.

Er ist der absolute Unischwarm, klug, schön, er kann zeichnen und er spielt Klavier. Alle wollen ihn.“

Kurze Erklärung. Doch Mina wollte sich nicht damit zufriedengeben.

Sowas gibts noch bei euch? Ich dachte, das sei nur in den Dramas so!“ Ein Grund, warum Mina diese grundsätzlich kindisch fand. Trotzdem hatte sie sie immer bis zum Schluss geguckt.

Okay, es ist nicht ganz so. Aber er ist schon ziemlich bekannt.“

Tama hatte ein verräterisches Glitzern in den Augen, das Mina die Anzahl Stunden verriet, die sie damit verbringen könnte, über Ryan zu schwärmen. Die Schweizerin schaute sie an. Die junge Japanische Frau war von koreanischen Musikern, filmen und Dramas hierhergelockt worden und hatte dann feststellen müssen, dass nicht alle Koreaner so gut aussahen. Trotz der anfänglichen Enttäuschung war sie hiergeblieben und studierte schon über ein Jahr an der Yonsei. Irgendwie konnte Mina schon verstehen, wieso sie für Ryan schwärmte.

Ich kann ihn mal einladen, wenn ihr wollt. Aber ihr müsst kochen!“

Sofort brach Gejubel aus in Yunas kleinem Schlafzimmer, wobei Yuna wohl nur mitzujubeln schien, weil sie sich für Tama freute. Sie wollte nicht ihrer Freundin den Schwarm ausspannen.

Ich koche, ich koche, ich koche!“, schrie Tama. Irgendwie entsprach sie nicht Minas Vorstllung einer typischen Japanerin. Aber egal. Beim Abendessen am Donnerstag hatte sie Mina davon überzeugt, eine gute Köchin zu sein.

Okay, fixed. Ich warte einfach, bis er anruft.“

Nice! Hast du schon gegessen?“

Ja, aber wollen wir einen Film schauen? Mit ein paar Snacks? Dazu hätt ich grad Lust!“

Es war Tama, die geantwortet hatte und Yuna schaute sie irritiert an. Ihre Frage war an Mina gerichtet gewesen.

Klingt gut!“, sagte diese in dem Moment. “Welchen Film gucken wir?“

Da gab auch Yuna nach und schlug Ninja Assassin vor. “In Originalsprache, damit Tama auch mal englisch lernt.“

Trotz der Bemerkung klatschte Tama begeistert in die Hände. Mina stand der Sache etwas skeptischer gegenüber. Sie mochte keine allzu blutigen Filme.

Come on! Wir schauen ihn doch auf Englisch, da solltest du alles verstehen!“

Da Tama ihn offensichtlich unbedingt sehen wollte, gab Mina nach.

Aber warum willst du ihn so dringend sehen?“

Wegen Rain!“

Mina verdrehte die Augen. “Joon ist hübscher!“, warf sie ein.

Jetzt schritt Yuna dazwischen. “Let's just watch it, okay?“

Daraufhin gingen sie in Tama's Zimmer, da sich dort der Fernseher mit dem DVD-Gerät befand.




Sunday call..
Zwei Tage später war es soweit: Ryan rief an. Mina zögerte etwas, abzunehmen, es war ihr ein bisschen unangenehm, dass sie ihm gleich offenbaren durfte, dass er bei ihnen ein Abendessen geniessen musste. Aber sie war sowieso selbst schuld.

Hi Ryan“, sagte sie schliesslich trotzdem.

Hi Mina. Are you busy now?“

No, it's okay, I'm free. Thanks for calling. How are you?“

I'm really fine, thanks. How about you?“

Me too. But I have to ask you something. What is it that makes you so popular around universities?“

How can you know that? I think you aren't studying? No, I'll tell you: Ich weiss es nicht.

Das hätte sie sich auch denken können, eigentlich. Und eigentlich wusste sie auch den Grund dafür: gut aussehend, intelligent, nett. Ausserdem hatte er in den USA gelebt, sowas gab manchmal Pluspunkte.

Ah, sorry. I should've known.“

Macht nichts, Ich wollte dich fragen, ob du heute mit in die Disco möchtest. Die von nebenan haben mich gefragt, ob ich diese Ausländerin vielleicht mitbringen könnte. Und damits genügend Frauen hat, vielleicht noch deine Mitbewohnerin?“ Mina hörte das Zwinkern in seiner Stimme und lächelte.

Oh, I think that'll be nice! So I ask the two others, okay? By the way, they would like to invite you for dinner. Do you like Japanese food?“

Okay, deal. You go out with us tonight and we come for dinner tomorrow night.“

Nice! Do you guys come to get us?“

Mhm, Ich werde es ihnen sagen.“

Yeah, tell them , it's their job. What time?“

8 Uhr“

Okay, bis dann. Ciaociao.“

See ya! Bye~“

Puuh, das war gut gelaufen. Vermutlich alles nach Tama's Geschmack. Diese glupschte schon neugierig zur Tür rein.

Ist es gut gelaufen?“, fragte sie.

Kannst du echt kein Englisch? Sie kommen morgen zum Abendessen. Und heute gehen wir mit ein paar Jungs aus.“

Ist Ryan auch dabei?“

Yup, sie holen uns um 8 Uhr ab. Mach dich schön und sag Yuna, sie soll sich auch bereitmachen.“



YAY! Yuna, Yuna!“ Und damit hatte Mina wieder Ruhe. Sie war gespannt auf die Jungs und Mädels, die siie kennenlernen würde. Ihrer Uhr gönnte sie einen kurzen Blick. Schreck! Noch eine halbe Stunde? Ihr war nicht wirklich aufgefallen, wie kurzfristig sie sich gerade verabredet hatte. Der Sonntag war einfach zu schnell vorbeigegewesen.

Es klopfte an der Tür.

Ja?“

Yuna kam herein. Sie hatte einen etwas ratlosen Blick aufgesetzt.

Hab ich das richtig verstanden, wir treffen Ryan um 8?“

Ja, wir treffen Ryan und ein paar andere Jungs. Sie holen uns ab.“

Yeeh, nice! Danke dir!“

Ich kann nichts dafür.“, murmelte Mina.

Ya! Du musst dich hübsch anziehen, ich wette, Ryan steht auf dich, sonst hätter er dich nicht angerufen.“ Somit machte Yuna sich an die Arbeit und suchte Mina ein Outfit aus. Es sah wirklich toll aus, aber Mina war nicht der Meinung, dass man sich wegen Ausgangsklamotten so viele Gedanken machen musste. Yuna war vollkommen in ihrem Element und als Stylistin hatte sie auch eine Ahnung davon, was sie gerade tat.

Danke, aber das war jetzt echt nicht nötig.“

Yuna lachte.

Klar war es nötig, you'll see. Gern geschehen.“

Damit ging sie in ihr Zimmer, um sich selbst auch etwas herzurichten. Bei Tama hatte sie schon kurz vorbeigeschaut, also konnte sie die übrigen 20 ohne schlechtes Gewissen mit ihrem eigenen Styling verbringen. Sie wählte eine dunkelgrüne, ärmelllose Hemdbluse und Jeanshotpants, die sie über das Oberteil anzog. Dazu schlüpfte sie in bequeme Ballerinas, in denen sie sicher die Nacht durchtanzen konnte. Im Badezimmer trafen die drei Mädels wieder aufeinander, wo sie sich gegenseitig den letzten Schliff verliehen. Alles war genau pünktlich fertig, als es um 8 Uhr an der Tür klopfte.

Tama stürmte sofort los, Yuna hinterher und Mina zuhinterst, um dem hinter der Tür den grössten Schreck zu ersparen.

Fast genau nachdem wir geklingelt hatten, ging die Tür auf. Diesen Abend ging ich mit Taeyoung, Lenny und unseren Nachbarjungs in den Ausgang. Jetzt gingen wir noch auf den Weg, um die Mädchen abzuholen. Ich hoffte einfach mal, dass sie einigermassen passables Englisch sprachen. Eine hatten wir schon dabei, irgendjemandes Schwester, bis jetzt hatte ich noch nicht mit ihr gesprochen.

Jedenfalls sprangen aus der offenen Tür sofort zwei Asiatinnen, die vordere sogar kleiner als Taeyoung. Hinten nach stürmte eine Europäerin, die offenbar versuchte, die anderen aufzuhalten. Moment mal.. sie kam mir ziemlich bekannt vor.

Mina?”

Oh, Hallo Dario”

Sie hatte ihre Haare zusammengebunden und ihre blauen Augen mit bruaner Wimperntusche betont. Und wie auch klar war, sie sah umwerfend aus (als ob sie irgendwann mal nicht umwerfend aussah, schon klar).

Hallo zusammen”

Die drei Frauen grüssten die Runde und Ryan aus der Nachbarwohnung, der alle zu kennen schien, stellte vor.

These are Mina, Tamamoko and Yuna, Jungwoon, Jina, Taeyoung, Lenny and Dario. And I'm Ryan.”

Mina kannte ich ja schon, Tamamoko war klein und hatte lange glatte schwarze Haare, Yuna hatte etwa Taeyoungs Grösse und einen Pagenschnutt mit Ponyfransen. Jina sah etwas exotischer aus, sie hatte rötlich gefärbte, lockige Haare und doppelte Augenlider. Vermutlich gehörte sie zu den 50% der Koreanerinnen, die sich der Schönheit wegen unters Messer gelegt hatten. Ryan und Jungwoon sahen sich von mir aus gesehen recht ähnlich, asiatische Schlitzaugen, dunkle Haare, dunkle Augen. Der grösste Unterschied, den ich sah, war die Grösse, denn Jungwoon war ein gutes Stück grösser als Ryan. Und das Schwarz seiner Haare war ein fast unmerkliches bisschen intensiver.

Ich hatte schon Angst, die Situationkönnte etwas merkwürdig werden, doch die Mädels hakten sich einfach unter. Tamamoko, die Japanerin, hatte sich wohl in Ryan verguckt, denn sie ging zu ihm hin und lächelte ihn süsslich an. Er lächelte zurück. Bestimmt war er so etwas wie ein Unischwarm. Mina, die wahrscheinlich nur Ryan und mich kannte, kam auf mich zu.

Hi Dario, geht's dir gut?”

Hallo Mina. Klar, und dir? Hast du dich schon eingelebt?”

Wir ernteten verwirrte Blicke. Klar, es war schon etwas ein Zufall, dass wir uns kannten. Ausserdem unterhielten wir uns gerade in einer Sprache, die niemand der Umstehenden vertsnd.

Schon ziemlich gue, ja. Du bestimmt auch, oder?”

Yup.! Also, let's have fun tonight!”

Das hatten auch die anderen verstanden, die mir lauthals zustimmten. Wir gingen los. Taeyoung war in ein Gespräch mit Yuna vertieft und Lenny sprach mit Jungwoon. So schlimm schien seine Asozialität also doch nicht zu sein. Jedenfalls blieb bei dieser Rechnung Jina übrig, die links neben mir her ging. Rechts war Mina.

Und? Gefällt dir Korea?”

Bis jetzt schon, die Leute sind alle nett und das...”

Hey, könntest du in einer Sprache sprechen, die alle verstehen?”

was?”

Umm, could you use language all understand?”

Ihr Englisch war nicht besonders gut, aber vermutlich besser als mein Koreanisch, und so führte ich mein Gespräch mit Mina auf Englisch weiter.

..and the food is delicious.”

Yes, I think the same. Did you already go out sometimes?”

Yeah, on Thursday or Friday. I can tell you, the clubs here are great!”

Oh in which one you were?”

I don't know. Frag Taeyoung, if you want to know.”

Und tatsächlich wollte Jina es wissen und tippte den Wissenden auf die Schulter.

In welchem Club waren Dario und du?”

Wüsstest du wohl gerne, was?”

Er drehte sich wieder um.

Hey!”

Diesmal drehte sich Yuna um.

Vermutlich war er im GoldenDZone. Das ist nämlich sein Lieblingsclub.”

Jina tat, als würde sie schmollen, bis sie (sehr schnell) ihre Aufgedrehtheit wieder zurückgewann. Sofort fragte sie mich weiter aus, sodass Mina und ich keine Chance hatten, unsere Unterhaltung fortzuführen. Dafür konnte Mina Jina helfen und gelegentlich übersetzen. Irgendwie fühlte ich mich schon wohl zwischen diesen beiden.





It's dancing time

Der Club war recht bunt, die Musik laut, die Leute gut drauf. Es gab keine allzu grossen Unterschiede zu europäischen Clubs, ausser, dass fast alle Leute Asiaten waren. Es war schon ziemlich voll, die Mädchen schafften es es aber, sich bis zur Tanzfläche durch zudrängeln. Dort war auch schon Ria, Lennys Freundin, die versprochen hatte, sie dort zu treffen.

Mina – Ria“, schrie Yuna um die beiden vorzustellen.

Hi!“ Mina winkte und lachte, da ihr klar war, dass die andere nicht verstand, was sie sagte. Sie tat es der Europäerin gleich. Doch irgendetwas störte diese an Rias Blick. Sie konnte nur nicht sagen, was es genau war. Einmal war es vorgekommen, dass sie schon mal jemand so angeschaut hatte. Es war beängstigend. Mina wollte jetzt jedoch nicht darüber nachdenken, sie wollte Spass haben. Für einen sehr, sehr kurzen Moment schloss sie die Augen, um die Musik in sich aufzunehmen und durch den Körper fliessen zu lassen. Von da an liess sie sich gehen und tanzte nur noch. Die Lieder verflogen, die Zeit verflog, und Mina flog auch. Sie tanzte mit Dario, Taeyoung, Ryan und auch einigen vollkommen unbekannten Jungs. Wer sie nicht näher kannte, hätte nicht geglaubt, dass sie eigentlich

sehr schüchtern war. Nach einer gefühlten halben Stunde, die eigentlich zwei Stunden lang gewesen war, holte Ryan sie weg von der Tanzfläche.

Do you want to drive all these boys crazy? Let's drink something!“

Are you sure, you want to give me alcohol? I won't be funny anymore then.“

Da Ryan nicht genau verstand, was sie damit sagen wollte, gab er ihr trotzdem einen Drink aus. Während sie trank, liess sie suchend den Blick über die Menge schweifen. Wo war Dario? Da sah sie ihn. Er fiel richtig auf, nicht nur wegen dem westlichen Aussehen, einfach, weil er war, wie er eben war.

Playboy“, murmelte Mina.

Hey, what do you call me?“ Gespielt beleidigt schom Ryan die Unterlippe vor.

I didn't mean you, but I guess you're the same.“

Vielleicht.“

Ryan wandte sich ab. Er hatte schon fertig getrunken und gesehen, wie Dario allen die Show stahl.

Vielleicht.“ , murmelte er nochmal, als er sich auf den Weg machte, ein bisschen aufzufallen. Feindselig schaute er Dario an. Er wusste, dass er im Grunde ein netter Kerl war, aber er hatte vom erstem Moment an nicht anders gekonnt, als ihn nicht zu mögen. Er war einfach genau so wie er. Und er kannte Mina länger, besser, er war offensichtlich sehr vertraut mit ihr.



Dario sah, wie Ryan sich von Mina entfernte. Endlich, dachte er und wollte gehen. Da fing er den wütenden Blick Ryans auf, ein Blick, bei dem auch Dario unwohl wurde. Doch wie er eben war, grinste er, winkte und ging.

Hey, wer ist denn die hübsche Frau hier?“

Erschrocken fuhr Mina herum. Wie sie eigentlich hätte erwarten sollen, war es Dario, der sich neben sie setzte.

Machst du ne Pause? Du kannst voll gut tanzen!“

Alles Übung. Willst du auch nochmal?“

Nein danke, ich geh wahrscheinlich nochmal ein bisschen abtanzen.“

Ach komm, willst du mich ganz alleine hier lassen?“ Er tat beleidigt.

Ey, schmoll nicht, du! Es hat hier genügend Mädchen, die dir Gesellschaft leisten würden.“

Insgeheim hatte sich Mina sowieso schon entschieden und sie blieb sitzen. Sie genoss Darios Anwesenheit, es beruhigte sie, wie er sie gleichzeitig aufwühlte. Wenn sie mit ihm zusammen war, war sie die ganze Zeit am lachen. Eigentlich wusste sie gar nicht so viel über ihn, da sie aber bis in die dritte Klasse befreundet gewesen waren, nachdem sie gemeinsam im Kindergarten gewesen waren, hatte sie das Gefühl, ihn in- und auswendig zu kennen. Für sie war er der Mann, dem sie sich in allen Dingen anvertrauen würde, der einzige, dem sie vertraute, egal in welcher Situation sie sich befand. So gesehen war es wirklich verrückt. Mit ihrer schon ein bisschen von Alkohol gelockerten Zunge begann sie, von Ryan zu erzählen. Von ihrem ersten Aufeinandertreffen im Flugzeug, von ihrem “Date“, wie toll er aussah, wie nett und intelligent er war. Das war Minas Problem mit dem Alkohol. Sie erzählte einfach alles, vor allem, wenn eine Person vor ihr sass, die sie kannte. Dario schien es nichts auszumachen, er hörte ihr schweigend zu, bis er seinen Drink fertig getrunken hatte. Er sah, was sie nicht sah, und das war Ryan, der schon eine Weile hinter ihr stand und zuhörte.

Erzähl es doch gleich ihm, oder hoff, dass er kein Deutsch kann!“, lachte Dario und deutete mit seinem Blick auf den Mann hinter Mina. Daraufhin drehte er sich weg und ging wieder tanzen. Er spürte noch, wie ihm jemand nachblickte. Wütend. Er selbst war auch wütend. Auf sich selbst, auf Mina, auf Ryan, auf die ganze Welt. Diese Frau konnte so viel reden wie er, ihr Leben war ebenso interessant wie seines. Und sie sah gut aus, sie war intelligent. War sie seine Rivalin? Sich selbst hasste er dafür, dass er sich überhaupt so viele Gedanken um sie machte. Genau aus diesem Grund war es ihm gerade Recht, dass sich ein Mädchen geradezu um seinen Hals schmiss. Er nahm ihre Hände weg von seinem Nacken, tanzte aber trotzdem mit ihr.. Nur etwas, etwas ganz Kleines in ihm drin sagte ihm, dass dies das Falsche war. Dass es nicht war, was er wollte. Dass seine Gefühle ihn bald zerreissen würden. Das kleine Etwas schrie, doch er ignorierte es.



Lächeln, einfach nur

Ryan lächelte Mina an. Er hatte teilweise verstanden, was sie gesagt hatte. Sie hatte von ihm erzählt. Es machte ihm ziemlich glücklich, obwohl er einen Moment zuvor noch rasend gewesen war, sie so mit Dario zu sehen. Eigentlich war es verrückt, doch er hasste Dario. Er hasste ihn wirklich. Irgendwie. Möglicherweise war das auch eine Fehlinterpretation der Gefühle, die er für Mina zu haben pflegte. Weil sie ja Dario so lange kannte, weil die beiden so vertraut wirkten. Er konnte ja nicht wissen, dass die beiden lediglich zusammen im Kindergarten gewesen waren, seitdem aber kaum mehr Kontakt hatten, eben bis zu ihrem Treffen im Zug. Doch jetzt sah er Dario, wie er recht eng mit Jina tanzte. Playboy. Wurde nicht er auch so genannt?

Would you like to dance?“, Ryan hielt ihr einladend die Hand entgegen. Mina nahm sie an und liess sich beim Aufstehen helfen.

Sicher“, antwortete sie. Gerade lief ein ziemlich spezieller Dance-Remix, der aber super war, wenn man einfach nur tanzte dazu, ohne irgendwas daran in Frage zu stellen. Zum ersten Mal an diesem Abend fiel Mina auf, wie toll Ryan eigentlich aussah mit seinem schwarzen Top und den halblangen Jeans. Verdammt, dachte sie, ich bin wirklich dabei, mich zu verlieben. Auf keinen Fall wollte sie sich verlieben, nicht schon so früh, bevor sie Korea überhaupt kennengelernt hatte.



Als sie mit den beiden Frauen, mit denen sie zusammenwohnte, in der Wohnung ankam, war schon 4 Uhr morgens. Alle drei hatten richtig abgefeiert und wollten nur noch schlafen. Tama hatte sich im Club mit zweitklassigen Männern zufriedengeben, da Ryan sich die ganze Zeit nur um Mina gekümmert hatte (wobei man beachten muss, dass für sie alle Jungs, die nicht Ryan waren, mindestens zweitklassig waren). Es wurmte sie trotzdem, dass Mina einfach so auftauchten konnte und gleich mal von allen umworben wurde. Da Tama eine Person war, die fast alles auf die leichte Schulter nahm, konnte ihr auch das nicht wirklich etwas anhaben. Wenn es aber länger anhalten würde, konnte sie für nichts garantieren.

Müde liess sie sich aufs Bett fallen, nachdem sie ihren Schlafanzug angezogen hatte, und ihre Gedanken vermischten sich langsam mit Träumen.

Auch Yuna schlief sofort ein. Sie war wieder einmal zu unvorsichtig gewesen, sie hatte sich nicht ganz im Griff gehabt. Zum Glück war sie diesmal nicht betrunken gewesen, aber sie wusste, sie durfte nicht so viel trinken. Doch sie konnte nichts dagegen tun. Sie konnte, durfte nicht mit dem tanzen, den sie am liebsten besitzen wollte, einen anderen wollte sie nicht. Wieso nur hatte sie sich ausgerechnet in ihn verliebt?

Mina war die einzige in der kleinen Apartmentwohnung, die glücklich einschlief. Worte fand sie keine, um ihre Gefühle zu erklären, sie verstand sie selbst nicht einmal. Es war nicht, als wäre ihr Lächeln von einem Menschen ausgelöst worden, es war, als hätte sich einfach plötzlich in ihr drin eine Zufriedenheit und Zuversichtlichkeit ausgebreitet, die sie fast zum Weinen brachte. Gründe gab es keine. Sie war nicht verliebt, das fühlte sich anders an, das wusste sie. Verwirrt aber glücklich fiel sie in tiefen Schlaf.



What about friends?

Am nächsten Morgen, beziehungsweise Mittag war Yuna die erste, die aufstand. Obwohl sie immer viel Alkohol trank, hatte sie noch ihr Verantwortungsgefühl, da sie die älteste war, die sich um die anderen kümmern musste. Sie machte sich Frühstück und kochte Reis für die anderen beiden Frauen. Mina war die nächste, die in die Küche kam.

Morgen.“

Morgen.“

Alles klar?“

Yup. Hast du Hunger? Ich hab Reis in den Reiskocher getan.“

Umm.. ich esse einfach ein Joghurt, danke.“

Ach so, bei dir isst man ja keinen Reis zum Frühstück, sorry.“

In Gedanken fügte Yuna noch ein „du solltest dich daran gewöhnen“ an.

Schon, but I should actually get used to it.“

Sieh an, wie ehrlich. Yuna war nicht gerade gut gelaunt und gab sich Mühe, das nicht an Mina auszulassen, die sich gerade mit einem Joghurt und einem Löffel zu ihr an den Tisch setzte. Eigentlich war sie schon wieder müde. Sie beschloss, sich nachher nochmal hinzulegen.

Hey, Yuna, ich bin noch müde, ich leg mich nochmal hin, okay?“

Okay, aber denk daran: heute Abend kommen die Männer, du musst beim Kochen helfen.“

Klar, bis dann bin ich längst wieder wach.“

Das mit dem längst war zwar etwas übertrieben, wie Yuna feststellte, als Mina um vier Uhr nachmittags wieder unter den Wachen war.

Ist das normal bei euch? So lange zu schlafen?“

Ja.. nein, it depends. Es gibt Langschläfer und Frühaufsteher.“

Tama ist schon mal einkaufen, du kannst ihr nachher helfen.“

Und du?“

Wer hat die Gäste eingeladen?“



Okay, Yuna hatte recht. Ausserdem war sie die Älteste, sie hatte das Sagen. Etwas schwermütig ging Mina in die Küche, wo sie verschiedene Geräte hervornahm. Tama hatte am vorherigen Tag schon detailgenau erklärt, was sie zu kochen plante, daher wusste sie, was es brauchte.

Als Tama nach Hause kam, merkte man sofort, wie sie Leichtigkeit und gute Laune mitbrachte. Diese Frau war wirklich durch nichts zu verstören.

Cooking? Cooking!“, rief sie und brachte Mina und Yuna damit zum Lachen.

That's what her English is about. K-pop songs.“, murmelte Yuna Mina zu.

Good for us.“ Mina zwinkerte der älteren zu.

Fangen wir an.“, rief Tama, die die Unterhaltung nicht ganz kapiert hatte. Aber die beiden würden schon nichts böses über sie sagen, dessen war sie überzeugt.

Okay, let's get started!“

So viel Englisch verstand Tama dann doch und die beiden trollten sich in die Küche. Yuna putzte derweilen das Wohnzimmer und verräumte alles, was nicht unbedingt alle sehen mussten.

Beim Kochen musste Tama eine Erkentnis machen, die sie wahnsinnig schockierte, so reagierte sie jedenfalls: Mina hatte kaum Ahnung vom Kochen. Ein einziges Jahr Kochschule hatte bei ihr keine Spuren hinterlassen. Tama raufte sich die Haare. Das konnte nicht sein, dass sie mit einer zusammenwohnte, die nicht kochen konnte. Sie war fest entschlossen das innerhalb nicht allzu viel Zeit zu ändern.

Es kann doch nicht sein, dass du nicht für dich selbst oder deinen zukünftigen Mann sorgen kannst!“

Mina grinste. Die Kulturen waren eben unterschiedlich, da war nichts zu machen. Sie gab sich Mühe bei ihrem Küchenassistentenjob und Tama schien zufrieden damit. Die verschiedenen ''sidedishes'' waren einfach gemacht, für den Rest hatte sie sich ein relativ aufwändiges Gericht ausgesucht, die Männer sollten schliesslich beeindruckt sein. Auch Yuna gab sich Mühe beim Tischdecken und Verzieren. Eigentlich war es ihr ziemlich egal, doch sie war ordentlich und hatte schliesslich auch einen Stolz, wenn sie eine saubere und schöne Wohnung präsentieren konnte.


by eunbii.<3